von Mathias Keiber
Fast nirgendwo spielt Bargeld noch eine so große Rolle wie in der Bundesrepublik. Scheine und Münzen dominieren das Zahlungsverhalten der Deutschen nach wie vor. Doch der Anteil des Bargelds an den verschiedenen Zahlarten sinkt auch hierzulande. Und die erste deutsche Handelskette nimmt seit dieser Woche kein Bargeld mehr an.
Während man in Schweden mit Scheinen und Münzen beim Bezahlen nicht mehr weit kommt, gilt Deutschland bislang noch als Bastion des Bargelds. Nach wie vor wird laut der Bundesbank kein anderes Zahlungsmittel häufiger genutzt. Aus der jüngsten Erhebung der Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland geht hervor, dass die Befragten im Jahr 2021 “insgesamt 58 Prozent ihrer Bezahlvorgänge für Warenkäufe und Dienstleistungen mit Banknoten und Münzen” leisteten. Allerdings waren es in der letzten Erhebung davor, für das Jahr 2017, noch 74 Prozent gewesen. Es sind also durchaus Zeichen zu vernehmen, dass Bargeld auch in Deutschland auf dem Rückzug ist. Ein weiteres solches Zeichen vermeldete zu Wochenbeginn “Der Spiegel”.
Gravis nimmt kein Bargeld mehr
Demnach nimmt die deutsche Elektronik-Handelskette Gravis seit dieser Woche keine Bargeldzahlungen mehr an. Auf Nachfrage des Nachrichtenmagazins bestätigte das eng mit dem US-Techkonzern Apple kooperierende Unternehmen: Die Regelung gelte für alle 40 Filialen bundesweit – und ausnahmslos. Selbst Bagatellbeträge könnten nicht mehr mit Bargeld beglichen werden.
Zu den Beweggründen gab Gravis gegenüber “Spiegel” an, dass der Anteil der Barzahlungen in den deutschen Filialen schon seit rund zwei Jahren sehr niedrig gewesen sei. Zuletzt habe es sich um einen “kleinen einstelligen Prozentanteil” gehandelt. Andersrum gesagt: Deutlich über 90 Prozent aller Gravis-Kunden in Deutschland zahlten bereits bargeldlos. Jetzt sind es 100 Prozent.
Bargeldlos: “einfach, sicher, schnell”
Allerdings orientiert sich Gravis bei dem Schritt nicht nur am Zahlungsverhalten seiner Kunden: “Für uns als Händler ist bargeldloses Zahlen kostengünstiger, einfacher, und es ermöglicht schnellere Prozesse”, sagte das Unternehmen. Auch für die Kunden seien bargeldlose Zahlungen “einfach, sicher, schnell”. Zudem helfe der Verzicht auf Bargeldzahlungen dabei, die Preise in den Filialen länger stabil zu halten – Vorteil also auch für Konsumenten.
In einer nach dem “Spiegel”-Bericht veröffentlichten Pressemitteilung von Gravis heißt es außerdem, das neue Filialkonzept sehe “keine Kassentresen im herkömmlichen Sinn” mehr vor. Stattdessen seien “mobile Terminals” geplant, “die sich flexibel an die Customer Journey im Store anpassen und an denen Kunden unkompliziert und bargeldlos bezahlen können”. Klassische Kassen werde es nicht mehr geben, auch keine Quittungen auf Papier.
Bundesbankvorstand: weniger Geldbeutel, mehr E-Wallet
Dass sich eine solche Entwicklung eher bei einer Handelskette abspielt, die Smartphones, Tablets und andere Online-Geräte verkauft, als beim Supermarkt um die Ecke oder in der Reparaturwerkstatt, ist nicht weiter verwunderlich. Wo Geräte verkauft werden, mit denen man bargeldlos und online bezahlen kann, verlieren Scheine und Münzen eben schneller an Bedeutung. Dass dies jedoch auch in anderen Handelssektoren passieren wird, ist auch in Deutschland zu erwarten – eine Entwicklung, auf die auch die Bundesbank-Erhebung hindeutet.
Demnach bezahlten 2021 bereits 17 Prozent der befragten Smartphone-Besitzer an der Ladenkasse mit ihrem Smartphone. Bei Trägern von Smartwatches oder Fitness-Armbändern mit Bezahlfunktion habe der Anteil sogar bei 27 Prozent gelegen. Zur Veröffentlichung der Studie im letzten Jahr sagte Burkhard Balz, für Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme zuständiger Vorstand der Bundesbank: „Ich erwarte, dass in Deutschland künftig immer mehr Menschen ihren physischen Geldbeutel gegen eine elektronische Wallet eintauschen.”
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